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Zwischen dem 07.10. und 10.10. realisierte Soziale Bildung e.V. zusammen mit dem Jugendforum Hamburg – St. Georg, das vom „Schorsch“ des Integrations- und Familienzentrums Hamburg koordiniert wird, vier Seminartage zum Thema „Erinnerungskultur und demokratische Teilhabe  am Beispiel von Rostock“.

Nachdem sich die Teilnehmenden auf Basis einer biographischen Methode und einem ersten inhaltlichen Impuls kennengelernt hatten, beschäftigten sich die Gruppe mit zwei historischen Zeitspannen und dem Umgang der Erinnerung an die Ereignisse.

Zum Einen wurde sich mit Fragen zur Kolonialgeschichte auseinandergesetzt und zum Anderen mit dem Pogrom in Rostock Lichtenhagen 1992.

Rostock Postkolonial

Im Rahmen eines Stadtrundgangs erkundeten die Teilnehmenden begleitet durch Teamer*innen den öffentlichen Raum an Orten, die einen direkten oder indirekten Bezug zur Kolonialgeschichte haben. Im Mittelpunkt standen sowohl die historische Bedeutung des Kolonialismus als auch die Auswirkungen, die diese Zeit bis heute hat. Spuren des Kolonialismus finden sich nicht nur im Stadtbild wider, durch sie begründen sich Ungleichheitsverhältnisse und rassistische Einstellungen bis in die Gegenwart.

Pogrom Rostock-Lichtenhagen

Mit dem Pogrom von Rostock-Lichtenhagen wurde sich auf Basis des Films „The truth lies in Rostock“ beschäftigt. Nachdem die Vorgeschichte mit den Teilnehmer*innen erarbeitet wurde, stand eine gemeinsame Filmanalyse im Zentrum. Folgend wurde sich mit Fragen der Erinnerungskultur auseinandergesetzt und über das dezentrale Erinnerungskonzept „Gestern, Heute, Morgen“ diskutiert.

Erinnerungskultur

Nachdem sich die Teilnehmenden zu Postkolonialismus und dem Pogrom von Rostock Lichtenhagen verständigt hatten, stand die Frage im Zentrum, was Erinnerungskultur ist und wie diese gestaltet werden kann. Exemplarisch wurde vor dem Hintergrund einer gemeinsam entwickelten Definition von Erinnerungskultur die Geschichte der Erinnerungsbestrebungen in Rostock an das Pogrom von Lichtenhagen beleuchtet und exemplarisch analysiert.

Im Nachgang wurden die Teilnehmenden kreativ und entwickelten anhand von Leitfragen selbstständig einen Entwurf für ein Beispiel der Erinnerungskultur.

Folgenden werden die Ideen der Teilnehmenden kurz skizzenhaft dargestellt.

Nelson Mandela

Das Konzept stellt die Person Nelson Mandela in den Mittelpunkt und den Kampf gegen die Apartheid. Der Gruppe war es wichtig, einen Bezug zum Kolonialismus herzustellen. Zentrale Botschaft ist die Unantastbarkeit der Menschenwürde. Die schwarzen und weißen Punkte symbolisieren in ihrer Überschneidung Solidarität. Die Risse und Löcher haben zum Ziel, Rassismus zu symbolisieren, der Gesellschaft „zerstört“.

Hilferuf

In Form von interaktiven Stelen soll an Opfer sexueller Gewalt erinnert werden. Die Erinnerungsorte sollen an Orten aufgestellt werden, an denen es zu Übergriffen gekommen ist.

„Wir möchten den Opfern das Gefühl geben, dass sie nicht allein sind, dass immer jemand da ist, der den Hilferuf absetzt.“ (Gruppenplakat)

Auslöser 1. Weltkrieg

Die Teilnehmer*innen rückten das Ereignis des Attentats von Sarajevo auf den österreichisch-ungarischen Thronfolger Franz Ferdinand und seine Frau in den Mittelpunkt, das zum ersten Weltkrieg führte. Ziel der Erinnerungsarbeit ist es, zu thematisieren, wie im Rahmen einer international angespannten Lage ein kleines Ereignis gravierende zivilisatorische Ausmaße haben kann. Der Block mit der Kugel soll die Patrone symbolisieren, die während des Attentates abgefeuert wurde.

 

Erinnerung an Hans Leipelt

Im Rahmen eines fiktiven Instagram-Accounts wird an Hans Leipelt erinnert, der als Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus die Arbeit der Weißen Rose mit fortsetzte und maßgeblich an dem sogenanntem Hamburger Zweig beteiligt war.

Es wurden in dem Rahmen historische Fakten mit fiktiver Geschichte verknüpft, die unter der Annahme verfasst wurde, dass Leipelt aktuell noch leben würde.

Martin Luther King

Der Vorschlag der Gruppe setzt Martin Luther King mit seiner Rede vom 28. August 1963 in Washington in den Mittelpunkt. In der Rede, die mit den Worten „I have a dream“ begann, setzte sich Martin Luther King für gleiche Rechte von schwarzen und weißen Menschen in den USA ein. Der Vorschlag sieht vor, in Rostock und an anderen Orten eine Wand mit schwarzen und weißen Händen und Auszügen seiner Rede zu gestalten, um an die Menschenwürde zu appellieren und an die Rede Martin Luther Kings und ihn als Mensch zu erinnern.

Interaktive Erinnerung an das Jugendform Hamburg St. Georg

Die Stellwand hat zum Ziel, an die Aktivitäten des Jugendforum zu erinnern und soll fortlaufend durch die Teilnehmer*innen gestaltet werden. Die Rahmen, von denen keiner allein steht, symbolisieren die Gruppe, die sehr vielfältig ist und nur gemeinsam Wirkung entfalten kann. Die Akteure sind aufgerufen, sich aktiv an der Erinnerung zu beteiligen. Dies kann sowohl durch Text, Bilder oder Fotos umgesetzt werden.

Nachdem in Kleingruppen die Beiträge erarbeitet wurden, gab es einen Gallery Walk, in dem sich die Teilnehmenden gegenseitig die Konzepte vorstellten.

Besuch im Rostock Rathaus

Am Ende der Reise stand ein Besuch im Rathaus von Rostock auf den Plan. Im Rahmen einer Diskussionsveranstaltung tauschte sich die Gruppe mit Kommunalpolitiken*innen und zivilgesellschaftlichen Akteuren über Fragen zum muslimischen Leben in Rostock aus, aber auch zu Aspekten der Kolonialzeit und Erinnerungskultur zu Rostock-Lichtenhagen. Die Fragestellungen wurden im Vorfeld gemeinsam mit allen Beteiligten gesammelt und ausgewählt.

Von allen Beteiligten wurde das Gespräch, dass fast 2 Stunden dauerte, als sehr bereichernd eingeschätzt.